Vera Munro - Agathe de Bailliencourt & Gerwald Rockenschaub

Ausstellungsansicht Agathe de Bailliencourt © Galerie Vera Munro

Es sind besondere Räume, die sich öffnen, wenn die Galerie Vera Munro Einlass gewährt. Aufgeteilt auf zwei Stockwerke, verbunden durch einen Aufzug, zeigt sie aktuell zwei sehr unterschiedliche Positionen.

Den Beginn macht das Obergeschoss: Dort, in dem großen, lichtdurchfluteten Raum mit der meterhohen Fensterfront, hängen in Reih und Glied die Werke des österreichischen Künstlers Gerwald Rockenschaub. „Dies ist ein Künstler, den ich seit Jahrzehnten betreue“, erklärt Vera Munro, während sie seine Bilder betrachtet. „Er kommt eigentlich aus der Musik, hat sehr lange Musik geschrieben und sich dann aber für die Kunst entschieden. Er konnte nicht beides machen.“

Gerwald Rockenschaub kommt aus der Neo-Geo-Bewegung der 1980er Jahre, kurz für Neue Geometrie. Seine Werke sind Abstraktion pur, setzen sich aus schlichten Formen und kräftigen Farben zusammen. Manche größer, auf Flächen von 60 mal 90, dann wieder ganz klein, auf 15 mal 15 Zentimeter.

Ausstellungsansicht Gerwald Rockenschaub © Galerie Vera Munro

Ausstellungsansicht Gerwald Rockenschaub © Galerie Vera Munro

„Die sind seine neusten Arbeiten, ganz anders diesmal. Am Anfang hat er gemalt, dann jedoch sehr schnell begonnen mit Plexiglas und auf Plexi zu arbeiten“, fährt Vera Munro fort. Was jedoch aktuell in ihrer Galerie hängt, sind Wabenplatten aus Aluminium – vorne glatt und glänzend, doch schaut man von der Seite hinein, gibt die Platte den Blick auf die Waben im Inneren frei.

„Ich glaube daran, dass Kunst immer aus Kunst kommt“, so die Galeristin. „Gute, relevante Künstler wie er hier beziehen sich immer auf bereits Dagewesenes. Man kann nichts mehr neu erfinden – aber man kann es weitertreiben.“

Noch mit den klaren Kanten Rockenschaubs im Kopf, erscheinen die Bilder von Agathe de Bailliencourt im Erdgeschoss wie eine andere Welt. „Sie ist eine junge Französin aus Paris, die wir zum ersten Mal zeigen“, sagt Vera Munro. Insgesamt neun Arbeiten von ihr hängen aktuell in ihrer Galerie, sechs im großen Format, drei kleinere. Im Gegensatz zum Obergeschoss sind die Räume hier unten verwinkelter, was dafür sorgt, dass sich die Begehung fast wie eine kleine Entdeckungsreise anfühlt. Hinter jeder Ecke ein anderes Bild.

Ausstellungsansicht Agathe de Bailliencourt © Galerie Vera Munro

Ausstellungsansicht Agathe de Bailliencourt © Galerie Vera Munro

Agathe de Bailliencourts Werke sind mit Acrylfarbe auf Leinen, Jute und Baumwolle gemalt. Die Farben sind knallig, türmen sich auf, fließen dabei ineinander und wirken einerseits konstruiert, andererseits wie im Impuls gemalt. Das ist es auch, was die Künstlerin selbst beschreibt: Sie versuche, den zerbrechlichen, flüchtigen und unvorhersehbaren Moment kurz vor dem Fallen sichtbar zu machen – und nutze dafür beim Malen die Mischung aus Kontrolle und Kontrollverlust, aus Absicht und Zufall.

„In ihrer Form sind die Werke sehr eigenständig“, so Vera Munro. „Und als ich sie gesehen habe, wusste ich, dass das gut ist. Ich wusste, da ist etwas dran, das kenne ich so nicht. Deswegen habe ich mich auch dazu entschlossen, sie auszustellen.“


Reactance – Agathe de Bailliencourt
11. September 2025 – 6. Januar 2026

melody / transmitter – Gerwald Rockenschaub
7. Mai – 15. November 2025

Galerie Vera Munro | Heilwigstrasse 64 | 20249 Hamburg
Dienstag – Freitag 10-18 Uhr, Samstag 11-14 Uhr


Julia Mähl

Julia Mähl ist freie Journalistin und Fotografin und in den Bereichen Kunst, Theater und Stadtgeschehen zuhause. Die Wahl-Hamburgerin liebt das Schreiben – vor allem, wenn man dabei neue Dinge und Menschen kennenlernen kann. Sie hat ein Faible für gute Bars und Restaurants und ist immer bereit für das nächste Abenteuer. 

www.juliamaehl.de

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