Galerie von Wegen – The place you can't remember. The place you can't forget.
Geht man durch die Passage im Erdgeschoss des Levantehauses und wirft einen Blick durch die großen Fenster der Galerie von Wegen, fallen einem sofort die Werke von vier Künstlern ins Auge. Das Besondere: Alle vier Positionen sind neu im Programm der Galerie und wurden erstmals in diesem Rahmen zusammengebracht. Doch das ist längst nicht das Einzige, was diese Ausstellung so herausragend macht.
Schon nach wenigen Augenblicken erschließt sich das Thema der Ausstellung: The place you can’t remember. The place you can’t forget. Wohin man auch blickt, sieht man Landschaften, die vor allem auf großen Formaten gezeigt werden. Hier wird zeitgenössische Landschaftsmalerei neu gedacht. Denn im Gegensatz zu den klassischen Darstellungen früherer Epochen, sind es keine reinen Abbildungen des Sichtbaren mehr.
Jede künstlerische Position folgt einem eigenen Zugang und eröffnet eine ganz individuelle Perspektive auf das Thema. Besonders deutlich wird das an einer Wand im Eingangsbereich der Galerie, an der vier Werke nebeneinander hängen – je eines pro Künstler. Der direkte Vergleich macht sichtbar, wie unterschiedlich der Begriff Landschaft heute interpretiert werden kann.
Beginnt man mit dem ersten, so schaut man auf ein Bild des Künstlers Christian August, dessen Bilder sich stets zwischen Neubeginn und Weltuntergang bewegen. Es ist eine Waage, die sich hält und von der man nicht genau sagen kann, ob man hier eine Welt betrachtet, in der man gerne sein würde. In dieser postapokalyptischen Natur haben sich auch die Farben, die man sieht, von ihrer Gegenstandsfarbe losgelöst. Christian August verwendet seine Acrylfarben nur sehr dünn, zum Teil trägt oder wäscht er sie sogar ab. Dadurch entstehen Freiräume, die in diesem ersten Werk, das in der Galerie gezeigt wird, fast wie kleine fremdartige Wesen wirken, die man aus dem Bild ausradiert hat.
Ganz anders verhält es sich mit dem Stil von Katsuhiko Matsubara. Er arbeitet in Schichten, mal tritt die Farbe nach vorn, mal ist sie ganz dünn. Der Künstler, der ein Faible für große Formate hegt, taucht gern selbst in seine Werke ein, sprüht und lässt die Farbe fließen. Manchmal, so wie im gezeigten Bild Blue Horizon (Plum) dreht er sie auch während dem Malen um, sodass sich Spuren der Farbe über die Leinwand ziehen. Der Künstler malt mit Vorliebe flirrende Horizonte, jedoch losgelöst von jeglichem geografischen Bezug. Bei ihm geht es nicht darum, etwas darzustellen, sondern vielmehr um die spannende Mischung aus Ost und West, die sich durch sein Aufwachsen in Japan und das Studium und Leben in Deutschland ergeben hat. Man erkennt auf der einen Seite das Spirituelle und Visuelle des Ostens, die Spuren, die der große Garten seines Großvaters hinterlassen hat und der japanische Glaube an eine beseelte Natur.
Auf der anderen sind es Elemente und Einflüsse der europäischen Kunstgeschichte, vor allem des Impressionismus, die man Katsuhiko Matsubara und seinen Arbeiten definitiv nicht abschreiben kann. Gut sichtbar wird das auch in einem Werk auf der anderen Seite der Galerie, das mit seinen drei Metern eine Menge Betrachtungsfläche bietet und dem man, ebenso wie Blue Horizon (Plum), eine gewisse Ähnlichkeit zu Bildern von Monet ansieht.
Auch um die Arbeit des Dritten im Bunde, Lasse Thorst, zu verstehen, wagt man am besten ein paar Schritte hinein in den hinteren Teil der Galerie von Wegen. Dort hängt sein Ölgemälde Companion Spirit, auf dem zwei Figuren zu sehen sind, die sich ihren Weg durch einen Wald bahnen. Typisch für den Künstler ist vor allem die nordisch anmutende Natur, die er wohl gut genug aus seiner Heimat Dänemark kennt. Oft setzt er seine Landschaften in Zusammenhang mit Figuren und Narrativen. Dabei erfährt man aber weder, wer diese Figuren sind, noch wo sie sich befinden. Einzig die Verbindung zu Folklore und Legenden wird oftmals deutlich – wohl ebenfalls eine Anlehnung an nordische Sagen.
Die vierte Künstlerin dieser Ausstellung ist Philippa Brück. Ihren Werken liegt etwas sehr Dramatisches, Schweres zugrunde – jedoch nicht ohne zumindest einen kleinen Lichtblick. Der wird vor allem in ihrer Arbeit Belle Vue sichtbar, wo er sich als Ausblick auf eine hoffnungsvolle, vertraute Landschaft offenbart, umringt von den für sie typischen Blüten, Fragmenten und Pflanzen. Brücks Gespür für Inszenierung, Lichtstimmung, Dramatik und Plastizität wird jedoch nicht nur hier, sondern auch in den anderen von ihr gezeigten Arbeiten deutlich.
Zusammenfassend sind es nicht nur vier sehr unterschiedliche Positionen, die man durch einen Besuch der Ausstellung The place you can’t remember. The place you can’t forget. sieht, sondern die Werke berühren auch unterschiedlichen Ebenen. Die Emotionen reichen von Schwere und Dramatik in Philippa Brücks Bildern über die Unbekümmertheit, die die Arbeiten von Lasse Thorst ausstrahlen bis hin zur Leichtigkeit bei Katsuhiko Matsubara und der düsteren Vorahnung, die einen beim Betrachten von Christian Augusts Werken überkommt. Eine echte Bandbreite eben, die genau das erreicht, was sie soll: Die Vielfalt der zeitgenössischen Landschaftsmalerei verdeutlichen.
The place you can't remember. The place you can't forget.
6. Juni – 29. August 2025
Galerie von Wegen | Levantehaus | Mönckebergstraße 7 | 20095 Hamburg
Montag bis Samstag 12-18 Uhr