Auguste Herbin - Der Bilderschreiber
Mit einer umfassenden Ausstellung widmet sich das Lenbachhaus dem französischen Maler Auguste Herbin, einem der Pioniere der Moderne und Mitbegründer der Abstraktion in Frankreich. Rund 50 Werke geben einen eindrucksvollen Überblick über Herbins künstlerische Entwicklung und zeigen seine zentrale Rolle in der Geschichte der abstrakten Kunst.
Herbins Weg zur Abstraktion beginnt zunächst auf vertrautem Terrain: Nach der Jahrhundertwende malt er Landschaften, Stillleben und Porträts im Stil des Spätimpressionismus in leuchtenden, doch ausgewogenen Farben. Eine kurze, intensive Phase des Fauvismus folgt, bevor sich ab 1908 der Einfluss des Proto-Kubismus in seinem Werk bemerkbar macht. In dieser experimentellen Vorstufe des Kubismus sucht Herbin nach neuen Wegen, Raum und Form zu denken.
Sein Atelier befindet sich in dieser Zeit im legendären Bateau-Lavoir am Pariser Montmartre, in direkter Nachbarschaft zu Künstlern wie Georges Braque und Kees van Dongen, Teil der sogenannten Bande à Picasso. Der Austausch mit diesen Avantgardisten prägt sein Schaffen ebenso wie die vielen Ortswechsel in seiner frühen Karriere, die jeweils mit einem Wandel seiner Bildsprache einhergehen.
Erst in den 1930er Jahren, nach seiner Rückkehr und Sesshaftwerdung in Paris, widmet sich Herbin endgültig der abstrakten Kunst. 1931 gehört er zu den Mitbegründern der Künstlervereinigung Abstraction-Création, die sich als Gegenbewegung zur surrealistischen Strömung etablierte und die geometrische Abstraktion förderte.
Ein Meilenstein seines Werks ist das ab 1942 entwickelte Alphabet plastique, ein visuelles Alphabet, in dem jeder Buchstabe einer bestimmten Farbe, Form und Tonhöhe zugeordnet ist. Herbin „schreibt“ mit Bildern, er malt Wörter und Begriffe, die universell lesbar sein sollen. Kunst als Sprache, frei von kulturellen oder sprachlichen Barrieren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzt er sich erneut für die Sichtbarkeit abstrakter Kunst ein und gründet den Salon des Réalités Nouvelles, eine Ausstellungsplattform für die geometrisch-abstrakte Kunst. Herbin bleibt bis zu seinem Tod ein unermüdlicher Impulsgeber und zählt heute zu den einflussreichsten Erneuerern der französischen Abstraktion.
Die Ausstellung im Lenbachhaus zeigt nicht nur ikonische Werke, sondern beleuchtet auch die theoretischen Grundlagen seines Schaffens. Eine umfangreiche Dokumentation gibt Einblicke in Herbins Schriften, sein Alphabet und sein künstlerisches Netzwerk.
Ein Muss für alle, die sich für die Ursprünge der Abstraktion und deren Weiterentwicklung interessieren – und ein spannender Blick auf einen Künstler, dessen Ideen bis heute nachwirken.
August Herbin
3. Juni bis 19. Oktober 2025
Lenbachhaus/ Luisenstraße 33 / 80333 München
Dienstag bis Sonntag