Digital by Nature - Wie Miguel Chevalier mit KI das Kunsterlebnis neu definiert
Die Kunsthalle München präsentiert mit Digital by Nature die bislang größte europäische Retrospektive von Miguel Chevalier, dem französischen Pionier der virtuellen Kunst. In einer Zeit, in der Künstliche Intelligenz die Kreativwelt neu ordnet, beweist Chevalier, dass die digitale Ästhetik nicht steril, sondern im höchsten Maße sinnlich und partizipativ sein kann. Seit den 1980er Jahren arbeitet der Künstler mit dem Computer als kreativem Ausdrucksmittel und nutzt dafür stets die modernsten Technologien, von Pixelstrukturen über Algorithmen bis hin zu den jüngsten Entwicklungen der KI.
Chevaliers Werk ist ein faszinierendes Spannungsfeld zwischen System und Zufall, in dem die Interaktion von Mensch und Maschine zur stilistischen Erweiterung der künstlerischen Kreativität wird. Die thematisch gegliederte und aufwändig inszenierte Schau präsentiert rund 120 Werke, die seine frühe Auseinandersetzung mit den grundlegenden Elementen des Digitalen, dem Binärsystem und dem Code, bis zu seinen neuesten, immersiven Installationen verfolgen. Im Fokus stehen dabei die poetische Beziehung von digitaler und analoger Welt, die verblüffenden Parallelen zwischen Natur und Technik sowie die fragile menschliche Verbindung zur Umwelt.
Obwohl Chevaliers Kreationen ihren Ursprung im Digitalen haben, ist die physische und emotionale Erfahrung im Ausstellungsraum für ihn von essentieller Bedeutung. Neben Skulpturen und Zeichnungen, die mittels 3D Druck und Robotik gefertigt wurden, sowie maschinell produzierten Stickereien und Videos, bilden vier raumgreifende Installationen das Highlight. Hier erzeugen Algorithmen fortlaufend neue, visuelle Kosmen, die Besucher durch ihre Körperbewegungen aktiv mitgestalten können. Dieser schöpferische Aspekt lässt das Publikum tief in die Werke eintauchen, macht sie unmittelbar zu einem Teil des Kunstwerks – eine Nähe, die das Kunsterlebnis transformiert und tief berührt. Untermalt werden diese Erlebnisse teilweise von eigens komponierten Stücken des Musikers Jacopo Baboni Schilingi.
Ein einzigartiges Feature der Ausstellung ist die Möglichkeit, an der Entwicklung von Chevaliers bislang größtem virtuellen Garten Pixel Flowers mitzuwirken. Sowohl online als auch vor Ort in der Kunsthalle können Erwachsene und Kinder eigene digitale Pflanzen kreieren. Diese erblühen daraufhin in einem digitalen Gewächshaus im Ausstellungsraum und zeigen, wie menschliche Kreativität und algorithmische Logik eine neue Art von Natur hervorbringen.
Chevaliers Vision entsteht im kontinuierlichen Dialog mit der Kunstgeschichte. Er zitiert bewusst Pioniere wie Marcel Duchamp und Jean Tinguely, die das Publikum mittels Technologie in Bewegung versetzten, aber auch Maler wie Claude Monet, Diego Rivera und Lucio Fontana, deren Experimente mit der Bildfläche er in seinen raumgreifenden, immersiven Projektionen fortführt. Ebenso inspirieren ihn die partizipativen Ansätze von Yves Klein und Niki de Saint Phalle. Der Künstler positioniert sich damit nicht nur als digitaler Visionär, sondern als Erbe der Avantgarde.
Die Retrospektive in München umfasst nicht nur Chevaliers Archiv und internationale Leihgaben, sondern auch eigens für die Kunsthalle geschaffene Werke. Ergänzt wird die Schau durch Leihgaben von komplexen Kristallen bis zu Mikroskopaufnahmen von Unterwasserlebewesen aus naturwissenschaftlichen Sammlungen. Diese organischen Kontrapunkte unterstreichen die zentrale Botschaft der Ausstellung: Die Schönheit der Natur und die Logik des Algorithmus sind im digitalen Zeitalter untrennbar miteinander verwoben. Miguel Chevalier lädt das Publikum ein, die Zukunft der Kunst nicht nur zu betrachten, sondern sie selbst zu erleben.
Digital by Nature - Die Kunst von Miguel Chevalier
12. September 2025 bis zum 1. März 2026
Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung / Theatinerstraße 8 / 80333 München
täglich 10 - 20 Uhr